3 minute gelesen

Präzisionsausrichtung einer Klebedüse für Folienapplikationen im Automobil- und Wasserstoffzellenbereich

Präzisionsausrichtung einer Klebedüse für Folienapplikationen im Automobil- und Wasserstoffzellenbereich
Präzisionsausrichtung einer Klebedüse für Folienapplikationen im Automobil- und Wasserstoffzellenbereich
7:10

1- Einleitung

2- Anforderungen und Herausforderungen

3- Systemaufbau und Konzept

4- Taktile Sensorik

5- Steuerungsalgorithmus

6- Aktorik für hochpräzise Zustellung

7- Sicherheit im explosionsgefährdeten Bereich

8- Fazit und Ausblick

 

Einleitung

In der modernen Produktionstechnik gewinnen hochpräzise Ausrichtungssysteme zunehmend an Bedeutung. Insbesondere im Bereich der Automobilindustrie und der Wasserstoffzellenfertigung sind zuverlässige und reproduzierbare Verfahren zur präzisen Klebstoffapplikation essenziell. Der vorliegende Beitrag beschreibt die Entwicklung eines taktilen Ausrichtungssystems, das eine manuell montierte Düse mit bis zu 2 µm Genauigkeit parallel zu einer Walze positioniert. Diese Düse trägt Klebstoff auf Folien auf, die anschließend in Wasserstoffzellen verbaut werden. Das System vereint hochsensible Sensorik, sichere Aktorik sowie Sicherheitsmaßnahmen für explosionsgefährdete Arbeitsbereiche (Ex-Bereiche).

 

Düsenanstellung.500

 

Anforderungen und Herausforderungen

Die Kernanforderung an das zu entwickelnde System bestand darin, eine zuvor manuell eingesetzte Düse wiederholgenau mit lediglich 2 µm Toleranz parallel zur Walze auszurichten. Folgende Aspekte prägten die Entwicklung maßgeblich:

  1. Präzision: Die angestrebte Parallelitätsgenauigkeit von 2 µm stellt sehr hohe Anforderungen an das Positionier- und Messsystem.
  2. Wiederholbarkeit: Da die Düse regelmäßig entnommen und erneut montiert wird, muss das System stets eine gleichbleibende Genauigkeit aufweisen.
  3. Sicherheit im Ex-Bereich: Der aufgebrachte Klebstoff führte zu einem potenziell explosionsgefährdeten Gasgemisch. Daher musste das gesamte System nach den geltenden Richtlinien (z. B. ATEX) gesichert werden.
  4. Produktionsumgebung: Die Folien, die im Zuge der Wasserstoffzellen-Fertigung verarbeitet werden, erfordern eine zuverlässige, reproduzierbare Klebstoffapplikation, um Qualitätsmängel zu vermeiden.

Düsenanstellung.502

 

Systemaufbau und Konzept

Das entwickelte System beruht auf einem taktilen Mess- und Positionieransatz, der in drei Hauptkomponenten unterteilt ist (siehe Abbildung 1 als schematische Darstellung):

  1. Taktile Sensorik: Mehrere Sensorelemente erfassen die Lage der Düse im Raum sowie den Abstand zur Walze.
  2. Steuerungsalgorithmus: Ein komplexer Algorithmus verarbeitet die Signale der Sensoren und ermittelt daraus die notwendige Korrekturbewegung, um die Düse exakt parallel auszurichten.
  3. Aktorik: Drei Linearschrittmotoren ermöglichen die präzise Zustellung der Düse. Zwei Motoren verfahren den Düsenträger lateral auf die Walze zu, während ein weiterer Motor die Düse auf einem Drehteller hinsichtlich Parallelität justiert.

 

Düsenanstellung.504

 

Taktile Sensorik

Das Herzstück des Systems ist die taktile Sensorik, die eine hochpräzise Erfassung der Position und Ausrichtung der Düse im Raum erlaubt. Hierbei kommen verschiedene berührende und berührungsnahe Sensorprinzipien zum Einsatz, zum Beispiel: Induktive Abstands- und Lagefühler: Zur Detektion des Abstands zwischen Düsenspitze und einer relativen Position zur gegenüberliegenden Walzenoberfläche.

Die Sensoren liefern hochaufgelöste Messdaten, die im Steuerungsalgorithmus zusammengeführt werden, um die undefinierte Lage der Düse zu kompensieren.

 

Düsenanstellung.503

 

Steuerungsalgorithmus

Für die parallele Ausrichtung auf 2 µm Genauigkeit ist ein komplexer Regelalgorithmus erforderlich, der die Signale der taktilen Sensoren in Echtzeit auswertet. Der Algorithmus berücksichtigt folgende Einflussgrößen:

  • Translation: Bestimmung der relativen Verschiebung zwischen Düse und Walze.
  • Rotation (Verkippung): Ermittlung der Winkelabweichung, um eine möglichst perfekte Parallelität zur Walze sicherzustellen.
  • Systemdynamik: Kompensation von Schwingungen oder mechanischem Spiel in den Linearantrieben.

Zusätzlich integriert das System Schwellwerte und Sicherheitssignale, um eine Überbeanspruchung der Walzenoberfläche oder eine Kollision der Düse mit der Walze zu verhindern.

 

Aktorik für hochpräzise Zustellung

Die präzise Zustellung der Düse wird durch drei Linearschrittmotoren gewährleistet:

  1. Zwei laterale Linearachsen: Diese verfahren den Düsenträger in der Horizontalen so nah an die Walze, dass nur wenige Mikrometer Abstand verbleiben.
  2. Rotationsachse (Drehteller): Ein weiterer Linear- bzw. Drehschrittmotor kompensiert durch Verkippung auftretende Winkelabweichungen. Auf dieser Achse wird die Düse montiert, sodass sich eine präzise Parallelität zur Walze realisieren lässt.

Durch den Einsatz dieser Schrittmotoren und deren fein aufgelöste Schrittwinkel können hochdynamische Korrekturbewegungen bei geringem mechanischen Spiel umgesetzt werden. Somit ist eine reproduzierbare Genauigkeit im Bereich von wenigen Mikrometern gewährleistet.

 

Düsenanstellung.505

 

Sicherheit im explosionsgefährdeten Bereich

Aufgrund des verwendeten Klebstoffs entsteht beim Auftrag ein potenziell explosionsfähiges Gasgemisch (Ex-Bereich). Um dieser Gefahr gerecht zu werden, mussten alle Komponenten nach strengen Sicherheitsstandards konzipiert und zertifiziert werden. Dazu zählen:

  • Atemschutz- und Evakuierungskonzepte (Abzug von Gasen)
  • Gezielte Ableitung von elektrostatischen Ladungen
  • Druckfeste bzw. druckentlastete Gehäuse (je nach Ex-Schutzzone)
  • Zündquellenvermeidung in mechanischen und elektrischen Bauteilen

Die Gesamtheit dieser Maßnahmen sorgt dafür, dass das System sicher betrieben werden kann, ohne das explosive Gasgemisch zu entzünden.

 

Fazit und Ausblick

Das hier vorgestellte Ausrichtungssystem demonstriert eindrucksvoll, wie sich hohe Präzisionsanforderungen (2 µm) und strikte Sicherheitsrichtlinien (Ex-Bereich) in einer industriellen Umgebung miteinander vereinen lassen. Durch den Einsatz taktiler Sensorik, eines komplexen Regelalgorithmus und hochauflösender Linearschrittmotoren konnte eine reproduzierbare Klebstoffapplikation entwickelt werden, die den strengen Qualitätskriterien der Automobilbranche sowie den Anforderungen an Wasserstoffzellen entspricht.

Zukünftige Entwicklungen könnten eine weitere Integration von Machine-Learning-Verfahren umfassen, um die Anpassung an unterschiedliche Walzengeometrien oder Klebstoffeigenschaften zu automatisieren. Auch der Einsatz berührungsloser Sensorik (z. B. Lasertriangulation) zur Erhöhung der Messgeschwindigkeit und Reduzierung von Verschleiß ist denkbar. Insgesamt zeigt dieses Beispiel, dass durch ein durchdachtes Zusammenspiel von Sensorik, Aktorik und algorithmischer Steuerung höchste Präzision mit maximaler Sicherheit verbunden werden kann.

___________________________________________________________________________________________________________________

Kontakt & Quellen
Für weiterführende Informationen stehen wir gern zur Verfügung. Zusätzliche Fachpublikationen sowie weiterführende Recherchen zurartigen Systemen im Ex-Bereich und der hochpräzisen Positioniertechnik finden sich in einschlägigen Datenbanken und Normen (z. B. IECEx, ATEX-Richtlinien).